„Der Schwäbische Sängerbund“ – ein Lied von 1831
Fast zwei Jahrzehnte vor Gründung des „Schwäbischen Sängerbundes“ (des heutigen Schwäbischen Chorverbandes) besang Wilhelm Zimmermann diesen Zusammenschluss in seinem gleichnamigen Gedicht. Es wurde 1831 erstmals für Männerchor vertont und aufgeführt.
Wir finden die erste Fassung des Liedes im offiziellen Notenheft der „Gesänge für das allgemeine Liederfest zu Esslingen 1831“. Es sind dort vier Liedstrophen abgedruckt, deren Schöpfer mit den Namen „Kocher“ (Melodie) und „Zimmermann“ (Text) genannt werden.
Die erste Strophe huldigt dem Zusammenschluss der „Söhne vom Schwabenland“, die einträchtig als „eine Seel eine Brust“ in den Gesang einstimmen. Die zweite Strophe nennt die Herkunft der Sänger von „Süd und Nord“, „hoch von der Alben Höhn“ und „fern von des Schwarzwalds Seen“; alle „einet am Bundesort der Gesang“ – der Bundesort, also der Versammlungsort, war damals Esslingen, wo sich die Sänger von 1828 bis 1832 jährlich an Pfingstmontag zu einem Liederfest zusammenfanden.
Freiheit ist unsre Fahn
Die Dritte Strophe ist dann eine politische, für die Festsänger die eigentlich wichtige. Sie spricht die Flaggen an, die „frei in den Lüften“ wehen, und die „Schriften“, die in den Bannern zu sehen sind: „Freiheit ist unsre Fahn / Heiliges Recht / Ehre dem Freien Mann / Schande dem Knecht“. Die letzte Strophe betont dann nochmals die große Bedeutung des erhebenden Gesangs für die (meist noch jungen) Sänger jener Zeit: „Flagge der freien Kunst, Führ uns durchs Leben / Über der Erde Dunst mag sie uns heben!“ Der Autor der Zeilen, Wilhelm Zimmermann (1807-1878), war 24 Jahre alt, als er diese Verse schuf. Der gebürtige Stuttgarter hatte in Tübingen evangelische Theologie studiert und sich – wie viele seiner Kommilitonen – auch für Literatur, Geschichte und Politik interessiert. Er gehörte zu jener Generation, die begeistert war von den revolutionären Bewegungen ihrer Zeit (französische Julirevolution 1831) und den liberalen Ideen in der eigenen Heimat. Nach seiner Ausbildung wirkte Zimmermann u.a. als Hauslehrer, als Pfarrer und als Politiker. Er war Abgeordneter in der Frankfurter Nationalversammlung und im württembergischen Landtag. Wer sich für Geschichte interessiert, kennt ihn durch sein damals fortschrittliches und noch heute viel beachtetes Geschichtswerk „Der große deutsche Bauernkrieg“. In dessen Vorwort findet sich sein persönliches Bekenntnis als Autor:
„Es ist schön, der Gegenwart zu gefallen; besser aber ist es, der Zukunft zu genügen.“
Die Komponisten Kocher und Hetsch
An der Tübinger Universität, wo 1829 die Akademische Liedertafel ins Leben gerufen worden war, kam Zimmermann schließlich auch mit der Sängerbewegung und ihrem (Volks-)Liedgut in Berührung. Im Stift dürfte er Ludwig (Louis) Hetsch (1806-1872) kennengelernt haben, der ebenfalls dort studierte, und der – allerdings erst später – den „Schwäbischen Sängerbund“ vertont hat. Den ersten musikalischen Satz, der 1831 in Esslingen zur Aufführung gekommen ist, hatte jedoch ein anderer Musiker angefertigt: Konrad Kocher (1786-1872). Der Stuttgarter Stiftskirchenorganist, einer der herausragenden Kirchenmusiker Württembergs, war auch ein eifriger Förderer der weltlichen Sängerbewegung und wurde später Ehrenmitglied des Schwäbischen Sängerbundes / Chorverbandes.
Der zweite Chorsatz des Liedes von Louis Hetsch ist wohl erst nach der Jahrhundertmitte entstanden. Er findet sich in späteren Liedersammlungen des Sängerbundes nach 1860 und dort wiederum in Verbindung mit einer Erweiterung des Textes um zwei zusätzliche Strophen. Diese Strophen stammen möglicherweise nicht aus Zimmermanns Feder; sie sind inhaltlich eher bedeutungslos und verwässern die ursprüngliche, freiheitliche Botschaft, die das Werk 1831 charakterisierte.
Der schwäbische Sängerbund
Sagt, ob ein schönres Band, als uns umwunden,
Söhne vom Schwabenland jemals gebunden?
Eintracht und Liedeslust
schließt den Verein,
Eine Seel´, Eine Brust stimmen wir ein.
Hoch von der Alben Höh´n
steigen wir nieder,
Fern von des Schwarzwalds See´n
finden sich Brüder
Kommend von Süd und Nord
Schwaben entlang,
einet am Bundesort uns der Gesang.
Seht ihr die Flaggen weh´n,
frei in den Lüften?
Seht ihr im Banner steh´n
leuchtende Schriften?
Freiheit ist unsre Fahn´,
heiliges Recht,
Ehre dem freien Mann,
Schande dem Knecht!
Flagge der freien Kunst,
Führ uns durchs Leben,
Über der Erde Dunst mag sie uns heben.
Hoch, wie der Adler kreist, Sonnen entlang,
Trage du unsern Geist, heil´ger Gesang.