Klatsch, Klatsch. Stampf – Klatsch, Klatsch, Stampf – Klatsch, Klatsch, Stampf. Na? Erkannt? Es ist einer der bekanntesten und gleichzeitig einfachsten Songs aller Zeiten – „We will Rock you“ der britischen Band Queen, der nur den eigenen Körper als Instrument für Melodie und Rhythmus braucht. Der bekannte Welthit wurde auch 2018 im Kinofilm „Bohemian Rhapsody“ thematisiert, der das Lebenswerk von Freddy Mercury und Queen portraitiert.
Beschäftigen wir uns konkret mit der Thematik Chor(musik) und Film(musik), müssen wir zunächst einmal differenzieren. Was genau ist mit dieser „Filmmusik“ hier gemeint? Sind es explizite Chor-Stücke, wie in den „Kindern des Monsieur Mathieu“? Oder ist es der Soundtrack? Denn auch dieser ließe sich auf einfache Weise im Chor wiedergeben. Beide Herangehensweisen sollen in diesem Artikel thematisiert werden.
Über die Umsetzung von Chor(musik) und Film(musik)
1. Das Genre
Jens Berger hat in einer der letzten Ausgaben der Chorzeit (12/2025) in seinem Artikel zu Chören im Film gezeigt, dass klassische Musik in Chorfilmen viel weniger im Fokus ist – selbiges gilt für Oratorienwerke. Das ausgewählte Genre dieser Chorfilme ist weniger die klassische (Kammer-)Chorszene, sondern meist Popmusik, vieles geht über zum Pop-/Gospelchor, wie im Musikfilm „Sister Act“ oder „The Greatest Showman“ zu sehen ist.
2. Die Motivation
Im Chor haben wir in den allermeisten Fällen nicht das Problem fehlender Motivation, wie im schulischen Musikunterricht, aber es stellt sich doch die Frage: Warum Filmmusik? Den Jugendlichen im Chor muss nicht erklärt werden, wie toll das Singen ist, auch wenn es eventuell ein neues Genre darstellt. Für Jugendliche die noch nicht Teil des Chores sind, es aber werden wollen oder sollen, kann ein Projekt mit Filmmusik – insbesondere wenn es bekannte Disney-Klassiker oder ähnliche Songs sind – genutzt werden, um die Mitgliederwerbung anzukurbeln. Wie? Das sollen spätere didaktische Beispiele zeigen.
3. Ein vorgefertigtes Niveau?
Filmmusikstücke, die verknüpft sind mit einer bestimmten Person oder Situation, geben ein Niveau vor, ähnlich wie wir es von Arien aus der Oper kennen, welche ebenfalls ein gewisses Niveau der Singenden erfordern.
Hinzu kommt in Filmen die szenische Umsetzung. Diese bewirkt einerseits eine bessere Verknüpfung und vielleicht ein freieres Herangehen an das Singen, kein „verklemmtes Dastehen“, wie es vielleicht so manche:r aus dem Gesangsunterricht kennt. Andererseits bewirkt es eine kognitive Verknüpfung von Schauspieler:in, Szene und Stimme. Die Gefahr besteht dann darin, dass einem gewissen Ideal nachgeeifert werden könnte.
Das sieht man vielfach bei Jugendlichen, die in der Mutationsphase (umgangssprachlich „Stimmbruch“) sind, wo es insbesondere bei jungen Männern der Vorsicht bedarf. Einem Ideal nachzueifern, so sagte es mir einmal die Stimmbildnerin der Regensburger Domspatzen, könne zu Stimmstörungen führen, da nicht auf die eigene Stimme geachtet würde.
Vielleicht kennen Sie die Filmszene aus „Gregs Tagebuch – der Film“. Beim Versuch im Rahmen des Theaterstücks „Der Zauberer von Oz“ Bonny Tylers „Total Eclipse of the Heart“ aufzuführen, prallen vorgefertigte Noten des Songs auf unterschiedliches Können und Vorwissen der Schüler:innen. Die Szene wurde 2023 zum Meme. Allerdings steht sie sinnbildlich für die genannte Problematik: Unterschiedliches Vorwissen prallt auf vorgefertigte Noten und ein Theaterstück, welches ein entsprechendes Niveau braucht.
Es bedarf also einer guten menschlichen Führung bei ausreichender Freiheit sowie der entsprechenden fachlichen Kompetenz.
4. Die Besetzung
Eine weitere Problematik stellt die Besetzung dar: Die meisten Stücke in der Filmmusik sind für Orchester geschrieben, Streicher und Bläser oft überrepräsentiert. Der Chor bildet das Beiwerk, der Hauptfokus liegt nur selten auf ihm. Nichtsdestotrotz können diese Stücke auch umgewandelt werden. Es kann unglaublich bereichernd sein, Stücke auszuprobieren und zu thematisieren, die entweder ausschließlich für Orchester geschrieben wurden und diese a capella zu performen oder den Chor zum Hauptakteur zu machen.
Es gibt hervorragende Arrangements von zahlreichen Musikverlagen oder auch privaten Anbietern für Filmmusikstücke. Es lässt sich aber auch viel improvisieren. Der Chor kann so mittels Begleitung von einer kleinen Besetzung aus Cajon, Trommel oder Bongos für den Rhythmus sowie (Quer)Flöten, wenigen Streichern, einer Trompete und Posaune zum Hauptakteur machen. Ambitionierte Chorsänger:innen spielen meist sowieso noch mindestens ein Instrument und könnten daher diese Rolle übernehmen, um zusätzliche Kosten zu sparen.
5. Das Repertoire
Der Film „No Hit Wonder“ hat es vorgemacht: die erste Chorprobe beginnt nicht mit Singen, sondern mit Zettel und Stift. Jede:r Sänger:in soll seinen/ihren Lieblingssong aufschreiben. Dies fördert die intrinsische Motivation.
Ähnliches ließe sich in der nächsten Chorprobe oder auch im Vorfeld eines nächsten Programms als Werbung ausprobieren und auf die dortige Auswahl des Repertoires übertragen – unabhängig vom Genre Filmmusik. Ausgehend von einer Top-10-Liste, die von den Jugendlichen sowie potenziellen neuen Mitgliedern erstellt wurde, ließen sich in der Probe neben der Thematisierung der musiktheoretischen Inhalte und der Handlung des Films auch Szenen oder Musikstücke nachstellen, idealerweise mit möglichst vielen Instrumenten.
In einer Zeit, in der viele Filme gar nicht mehr im Kino sondern auf Netflix, Disney+, AmazonPrime & Co. laufen, sollte man aktuelle Filmhits neben absolute Klassiker der vergangenen Jahrzehnte stellen. Den Jugendlichen diese Mitbestimmung zu bieten und sie das Repertoire mitgestalten zu lassen oder zumindest darüber zu diskutieren, wäre zudem ein weiterer Schritt zur gelebten Demokratiepädagogik in Schule und Verein.
Hans Zimmer als didaktisches Beispiel
Der deutsche Filmkomponist Hans Zimmer gehört sicher zu den VIPs unter den internationalen Filmkomponisten. Seine Musik zeichnet sich durch Leitmotiv-Techniken sowie immer größer werdende Variationen aus. Gut zu erkennen ist diese Handschrift etwa in „Time“ aus dem Film „Inception“ oder dem Soundtrack zu „Interstellar“ sowie dem letzten James-Bond-Film „No Time to die“. Diese Stücke sind zwar für Orchester gedacht, sie lassen sich aber auf sehr einfache Art und Weise a cappella performen.
Dank der einfachen Akkordfolge von „Time“ – Am, Em, G, D, Am, Cmaj7, G, D – lässt sich dieses ursprünglich orchestrale Stück ideal nutzen, um es a cappella zu gestalten. Die Variationen gegen Ende kreisen alle um die Haupttöne A und G, sodass diese von einer oder mehrere Solostimmen übernommen werden könnten.
Da „Time“ sich auch nur mit einem Klavier spielen ließe, könnten hier – je nach gewünschtem Schwierigkeitsgrad, Chorgröße und Vorwissen – variabel andere Instrumente hinzugefügt werden, wie etwa ein Glockenspiel für die Grundtöne, eine (Quer)flöte für die Variationen und schnellen Sechzehntel sowie Trommeln als Erweiterung zur Vermittlung einer Spannungssteigerung. Ausgeschriebene Noten braucht es hier nur in den wenigsten Fällen, da es immer wiederkehrende Modulationen sind, die sich weiter aufbauen.
„The Greatest Showman“ als didaktisches Beispiel
Der Musicalfilm „The Greatest Showman“ erinnert stark an die Disneyfilme, aufgrund der Gesangsparts mit Klavierbegleitung. Ein Orchester wird zwar im Film bzw. in den arrangierten Songs genutzt, dass sich dies bei einem Chorkonzert aber nur in den seltensten Fällen aufgrund von Geldern und verfügbarem Platz umsetzen ließe, sollte klar sein. Bereits der erste Song, „The Greatest Show“ nutzt Rhythmuspattern, die sich ideal mit Body Percussion verknüpfen ließen. Für viele dieser Songs gibt es bereits entsprechende Arrangements.
Vom Film zum gemeinsamen Singen
In Filmen mit Musicalcharakter finden wir die Musik oft als Weiterentwicklung der Persönlichkeit im Film – sei es Elsa aus „Die Eiskönigin“, sei es Disneys „Aladdin“ oder „Hercules“ – sie alle vermitteln ein Gefühl des „Feelgood“, meist verbunden mit einem Happy End. Sehe ich also zuerst den Film singe dann das Stück, egal ob alleine, als Duett oder im Chor, habe ich – selbst, wenn ich nicht so viel musikalische Erfahrung habe – die direkte Verknüpfung mit dem „Feelgood“-Erlebnis des Films. Da Singen an sich immer Spaß macht und Glücksgefühle auslöst, kann dieses Gefühl genutzt werden, um den Song auch interaktiv zu gestalten. Gemeint ist, dass in das Singen eine szenische Darbietung eingebaut wird. Dies gilt ebenfalls für Solo, Duett oder Chor.
Denn eines ist klar: sobald der Chor, sobald Kinder und Jugendliche im Musikunterricht, im Kino, im Theater oder anderswo einmal die Begeisterung gepackt hat, lässt sich diese Begeisterung auch unmittelbar übertragen auf das Publikum.
Mit Hits von Pop-/Rocklegenden wie Elton John, Amy Winehouse oder Queen ließe sich zudem ein gemeinsames Singen mit dem Publikum, z. B. mittels Beamer, generieren. Ein tolles Beispiel für interaktives Singen sind die Musiker Jacob Collier und Eric Whitacre, die in Ihren Konzerten regelmäßig mit dem (musikaffinen) Publikum interagieren und zum gemeinsamen Singen auffordern. Beide machen dies mit nur wenigen Akkorden und kleiner (Halb-)Tonverschiebungen. Diese Interaktivität lädt zum Mitmachen ein. Selbst der Rock-Klassiker „We will Rock You“ zeigt, wie mittels einfachster Body Percussion ganze Stadien Teil von Community Music werden können.
Das Zünglein an der Waage: Die Chorleitung
Besonders relevant ist aber natürlich die Rolle der Chorleitung. Nichts ist für die pädagogische Arbeit so wichtig, wie die eigene Begeisterung den Kindern und Jugendlichen nahezubringen und schon mit kleinen Schritten musikalisch Großes zu erschaffen. Vielleicht kann vor dem nächsten Repertoire ja ein gemeinsamer Filmabend im Chor initiiert werden?
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