Covid-19 hat ein Schlachtfeld hinterlassen. Auch die Chor- und Vereinslandschaft hat unter der Pandemie schwer gelitten. In meiner Beratungspraxis hat die Zahl der Beratungsanfragen im Zusammenhang mit der Auflösung von Vereinen deutlich zugenommen, wobei als Gründe in erster Linie drei Gesichtspunkte genannt werden:
2. Die Zahl und auch die Zusammensetzung der Chorsänger hat stark gelitten; eine erhebliche Anzahl von Chören ist aus der Kraft ihrer eigenen Mitgliedschaft nicht mehr singfähig, wobei vor allem die Reihen der Männerstimmen ausgedünnt sind.
3. Die Vereinsvorstände: Viele Anfragen in Richtung auf die Auflösung eines Vereins beruhen darauf, dass viele Vorstandsämter vakant geworden sind durch Rücktritte während der Pandemie, vor allem aber nach deren Ende nicht mehr neu besetzt werden können. Trotz viel guten Zuredens ist das bei manchen Auflösungswünschen von Vereinen der einzige Grund.
Bei der häufig festzustellenden Resignation kommen natürlich auch Entwicklungen zum Vorschein, die schon viel älter sind. Dazu gehört vor allem, dass seit jeher – oder zumindest schon lange – auf die Jugendarbeit im Verein verzichtet wurde. Viele Vereine wollen sich deshalb auflösen, weil sie zwar noch finanzielle Mittel, aber keine Chor-und Vorstandsmitglieder mehr haben oder aktivieren können. Nicht immer bleibt es bei der Resignation. Wenn ein Verein sich auflösen oder das Ruhen der Mitgliedschaft beim Schwäbischen Chorverband (SCV) beantragen will, muss (jedenfalls sollte) er sich beraten lassen. Es ist davon auszugehen, dass künftig das Ruhen der Mitgliedschaft nur noch möglich ist, wenn zuvor eine verpflichtende Vereinsberatung stattgefunden hat. Das ist auch sinnvoll.
Es gibt viele Möglichkeiten, der Auflösung des Vereins zu entgehen: Die Verkleinerung des Vorstands und anderer Gremien, die Zusammenlegung mehrerer Chöre im Verein, die für sich betrachtet nicht, gemeinsam aber singfähig sind, die Wahrnehmung von Bildungs- und Beratungsangeboten des SCV und der Regionalchorverbände. Auch die Kooperation mit anderen Vereinen tritt immer mehr in den Vordergrund, sowohl zur Stärkung der Verwaltungskraft des Vorstandes als auch zur Wiederherstellung der Singfähigkeit durch Zusammenlegung der Chöre zweier oder mehrerer Vereine. Die Kooperationsvereinbarung wird von vielen Vereinen einer Fusion vorgezogen, da durch die Kooperation die Identität des Vereins – und auch seine Geschichte – erhalten bleibt und fortgeführt werden kann. Natürlich spielt die Kommunikation und auch die Akquisition neuer Mitglieder, aber auch Vorstandsmitglieder und vor allem jugendlicher Mitglieder, eine besondere Rolle. Die Anfangsschwierigkeiten gerade bei Letzterem sind erheblich, v. a. bei Vereinen, die überhaupt keine Erfahrung mit der Chorjugendarbeit haben. Hier hat sich allerdings schon in einer Reihe von Fällen die Motivationsarbeit von jungen Chorleitern bewährt, die auch speziell für den Aufbau einer Jugendarbeit im Verein eingestellt werden und in deren Arbeit Vereine vor allem auch angesparte Mittel einsetzen können, über die der Verein verfügt und die für den Zweck der Jugendarbeit am besten angelegtes Geld sind.
Vereinsvermögen
Die Vereinskassen haben durch die Pandemie schwer Federn lassen müssen. Zwar sind viele Veranstaltungen ausgefallen, die Geld gekostet hätten, doch sind solche Veranstaltungen häufig auch Geldquellen, mit denen sich Überschüsse für die Vereinskasse erzielen lassen. Durch solche Veranstaltungsüberschüsse sind nach meiner Beobachtung in den meisten Fällen Vereinsvermögen entstanden, die in der Pandemie-zeit nicht ausgegeben werden konnten. Diese Mittel stehen jetzt zur Verfügung und sollten für die Zukunft der Vereine eingesetzt werden. Das gilt in erster Linie für den Aufbau einer vereinseigenen Chorjugendarbeit, aber auch für die Durchführung interessanter (vor allem für die Jüngeren) Vereinsveranstaltungen u. ä.
Mitgliedsbeitrag
Viele Vereine haben darüber nachgedacht, ob man den Vereinsmitgliedern in der „aktionsarmen oder aktionsfreien“ Corona-Zeit einen Mitgliedsbeitrag überhaupt abverlangen kann. Manche Vereine haben auch auf die Einziehung von Mitgliedsbeiträgen verzichtet oder nur Teilbeträge eingezogen. Dies ist – und war auch in Corona-Zeiten – gemeinnützigkeitsrechtlich problematisch. Die Finanzverwaltung hatte selbstverständlich Verständnis, dass in der Pandemiezeit der Vereinszweck (Pflege der Chorarbeit) nicht verwirklicht werden konnte. Deshalb wurde – und wird – die Gemeinnützigkeit aus der Sicht der Finanzverwaltung nicht angetastet.
Andererseits ist der Mitgliedsbeitrag das vereinbarte Entgelt, welches jedes Vereinsmitglied seinem Verein dafür zur Verfügung stellt und schuldet, dass dieser den Verein führt und „umtreibt“ – auch in Corona-Zeiten. Der Vorstand musste auch in dieser Zeit die Arbeit und Funktionsfähigkeit des Vereins aufrechterhalten: Er musste den Kontakt zu den Chormitgliedern aufrechterhalten, er musste versuchen, durch Online-Proben, Proben im Freien o. ä. das Singen wenigstens teilweise in Gang zu halten. Die organisatorische Arbeit des Vorstands im Verein lief weiter.
Der Mitgliedsbeitrag ist kein Entgelt für bestimmte Leistungen des Vereins gegenüber seinen Mitgliedern. Das ist im Tennisverein anders, wo man für seinen Mitgliedsbeitrag auch das Recht erhält, zu bestimmten Zeiten auf dem vereinseigenen Tennisplatz zu spielen. Mir ist kein Fall bekannt, in dem die Gemeinnützigkeit vom Finanzamt wegen Verzichts auf den Beitragseinzug infrage gestellt worden wäre. Es war aber richtig, wenn die Vereine auch während der Corona-Zeit den Mitgliedsbeitrag einzogen.
Im Einzelfall kann selbstverständlich gegenüber einzelnen Gruppen oder auch einzelnen Personen (im Fall persönlicher Not) auf den Einzug des Mitgliedsbeitrags verzichtet werden. Das muss aber durch die Satzung oder zumindest durch einen Beschluss der Mitgliederversammlung sanktioniert sein.
Sonderumlage
Wenn die Pandemie ein dickes Loch in die Vereinskasse gerissen hat, der Verein aber dringend investieren muss (Sanierung des Vereinsheims, Anschaffung von Noten oder Instrumenten, neuer Chorleiter etc.), kann ein sogenannter „unabweisbarer Finanzbedarf“ entstehen, der den Vorstand berechtigt, die Mitgliederversammlung um eine sogenannte Sonderumlage zu bitten. Eine solche ist nur möglich, wenn die Satzung dies vorsieht. In der Mustersatzung des Schwäbischen Chorverbandes ist eine entsprechende Formulierung enthalten, die in Ihrer Satzung zu finden sein muss, bevor Sie eine Sonderumlage bei der Mitgliederversammlung beantragen. Es muss nämlich jedes Vereinsmitglied bei Eintritt in den Verein wissen, was – auch finanziell – auf es „zukommt“.
Erbschaft als Finanzquelle
Ich will schließlich auf eine Finanzquelle zu sprechen kommen, die durch die Pandemie und die sich in diesem Zusammenhang verschlechternde Finanzlage vieler Vereine an Aktualität gewonnen hat: In der Regel sind die Mitgliedsbeiträge, die Veranstaltungserlöse und – in der Regel in mäßigem Umfang – Spenden die Finanzquellen des Vereins. Wenig beachtet und wenig praktiziert wird – soweit ersichtlich – nach wie vor das Vererben und Verschenken privaten Vermögens am Ende manches langjährigen Chorsängerlebens.
Das „Erbschaftsfundraising“ ist in der Praxis unserer Vereine noch kaum in Bewegung geraten. Dabei wissen viele ältere und alte Menschen nicht, was nach ihrem Tod mit ihrem hinterlassenen Vermögen geschieht oder geschehen soll. Diese Überlegung muss sich sich selbstverständlich nicht auf den gesamten Nachlass eines am Ende seines Lebens stehenden Menschen beziehen; er kann im Gedenken an und aus Dank für die jahrzehntelange Heimat, die ihm sein Chor und Verein gegeben hat, dem
Verein eine „Schenkung auf den Todesfall“ oder ein „Vermächtnis“ im Testament zukommen lassen (eine Schenkung auch schon vorher, quasi „von warmer Hand“); er kann auch einzelne Vermögensgegenstände (Immobilien, Wertpapiere etc.) dem Verein zukommen lassen und – das ist wichtig! – dem Verein auch vorgeben, was er mit dieser Zuwendung zu tun hat. Er kann konkret die Auflage machen (im Testament wie bei einer Schenkung), dass eine bestimmte Aktivität des Vereins in den Genuss der Zuwendung kommen soll, etwa für die Anschaffung eines neuen Instruments, für eine Konzertreise, für ein Gebäude für die Vereinsjugend oder anderes mehr. Je konkreter der Zuwendungszweck, desto besser – sowohl für den Gebenden als auch den nehmenden Verein.
Es ist auch nicht so, dass die Leistung (Erbe, Schenkung, Vermächtnis) ohne Gegenleistung sein muss. Nicht selten wird eine solche Gabe mit der Auflage verbunden, der Verein möge für die Dauer der Liegezeit die Grabpflegekosten oder die ehrenamtliche Grabpflege übernehmen. Auch Betreuungsleistungen können durchaus auch mit einer solchen Zuwendung als Auflage verbunden werden.
Dass darüber hinaus der Verein sich auf vielerlei Weise für eine solche Zuwendung bedanken kann, ist eigentlich selbstverständlich. Da sind musikalische Aufführungen zu Lebzeiten des Erblassers denkbar, das Pflanzen eines Baumes und vieles andere mehr. Der Schenker oder Erblasser freut sich in den meisten Fällen sehr, wenn man seine Zuwendung im Verein („Danktafel“) und darüber hinaus bekannt gibt und er dadurch im guten und dankbaren Gedächtnis der Vereinsmitglieder bleibt.
Erbschaften und Schenkungen schließlich bleiben für den Verein auch im neuen Steuerjahr steuerfrei, wobei es keine Rolle spielt, ob die Zuwendung in Geld, Sachwerten oder Immobilien besteht. Wichtig ist, dass die Gemeinnützigkeit zum Zeitpunkt der Zuwendung gegeben ist und in der Zukunft auch bleibt, da die Gemeinnützigkeit auch rückwirkend mit der Folge entfallen kann, dass rückwirkend alle Steuer-
arten anfallen und vom Verein zu bezahlen sind. Es lohnt sich auch in diesem Zusammenhang, sorgfältig auf den Erhalt der Gemeinnützigkeit zu achten. Wichtig ist natürlich weiter, dass die vom Erblasser oder Schenker verfügte Zweckbestimmung genau eingehalten wird.
Rechtsanwalt Christian Heieck
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Dieser Beitrag gibt die Auffassung, Kenntnisse und Erfahrungen des Autors aus vielen Jahren Vereinsrechtpraxis wieder. Wir bitten dennoch um Verständnis, wenn im Hinblick auf die Vielfalt der individuellen Fallgestaltungen, die im Vereinsrecht vorkommen, eine Haftung für die gegebenen Auskünfte im Hinblick auf konkrete Einzelfälle nicht übernommen werden kann.