Hinweise zur Beachtung bei Reiseveranstaltungen von Chören und Vereinen
Mit dem Einzug des Frühjahrs beginnt auch die Vorbereitungszeit für viele Vereine in Bezug auf ihre Reisetätigkeit. Das Reisen von Vereinen ist auch an dieser Stelle schon wiederholt Gegenstand von Hinweisen gewesen, etwa in Bezug auf Minderjährige und Aufsichtspflicht oder Haftungsgesichtspunkte. Heute soll es darum gehen, wie der Verein sich auf die Reise in organisatorischer und versicherungstechnischer Hinsicht vorbereitet.
Reisen benötigt Vorbereitung
Das Bürgerliche Gesetzbuch widmet den Rechtsverhältnissen im Zusammenhang mit Reisen aller Art nur einen eigenen Paragraphen § 651 BGB, der allerdings in 13 Unterparagraphen (§§ 651a bis m) untergliedert ist. Wir wollen uns allerdings nicht mit dem Reisevertragsrecht als Ganzes beschäftigen, sondern nur mit den für Vereine maßgeblichen Bestimmungen.
Ist mein Verein ein Reiseveranstalter?
Ob Vereine überhaupt diese Bestimmungen beachten müssen, hängt davon ab, ob sie Reiseveranstalter sind. Das sind sie dann nicht, wenn die Reise des Vereins von einem gewerblichen Reiseveranstalter (Reisebüro) durchgeführt wird. Dann fungiert der Verein für seine Mitglieder lediglich als Reisevermittler, der also den Reisevertrag zwischen dem einzelnen Vereinsmitglied und dem Reiseveranstalter oder den Gruppenreisevertrag zwischen dem Veranstalter und dem Verein vermittelt oder abschließt.
Wann ist ein Verein Reiseveranstalter im Sinne der §§ 651a bis m BGB?
Zur Durchführung einer Reise gehören folgende Elemente:
- Die Reise selbst (Busreise, Flug, Transfer etc., direkt beim Transportunternehmen gebucht)
- Unterkunft und Verpflegung (direkter Abschluss des Beherbungsvertrages mit dem Hotel, der Jugendherberge etc.)
- Planung und Durchführung eines von vornherein festgelegten und ausgeschriebenen Programms
- Die Leitung der Reisegruppe
- Die Durchführung der Zusatzangebote (Weiterbildung, Stimmbildung, Begleitveranstaltungen)
- Die Festsetzung eines einheitlichen Preises (Pauschalreiseangebot)
Wenn zwei dieser Elemente einer Reise eigenverantwortlich vom Verein durchgeführt werden, gilt er als Reiseveranstalter. Ob es sich um ein gemeinsames Wochenendchorseminar mit gemeinsamer Anreise oder eine Chorfreizeit der Jugendabteilung oder ein Zeltlager handelt, ist dabei gleichgültig, ebenso, ob es sich um eine chorische oder gesellige Veranstaltung handelt. Diese Frage spielt in anderen Zusammenhang (bsp. bei der GEMA-Vergütung) eine Rolle, hier jedoch nicht.
Das müssen Sie beachten
Entschließt sich der Verein, eine solche Reise selbst – und nach den oben genannten Kriterien als Reiseveranstalter – durchzuführen, so hat er eine Reihe von Gesichtspunkten zu beachten:Allgemein bekannt ist, dass auf Reisen besondere Vorkehrungen zur Sicherheit der Teilnehmer getroffen werden müssen, insbesondere, wenn es sich um Jugendreisen handelt. Hier ist vor allem der Gesichtspunkt Aufsichtspflicht zu beachten, deren Gewährleistung vom Vorstand organisiert und sichergestellt werden muss. Besondere Sorgfalt muss auch auf die Ermittlung und Vermeidung besonderer Gefahrensituationen bei einer Reise beachtet werden und es sind hier besondere Vorkehrungen zu treffen.
Nicht immer ist der Reiseveranstalter verantwortlich
Bedient sich der Verein eines gewerblichen Reiseveranstalters (Reisebüros), treffen diesen nicht von vornherein und grundsätzlich alle Aufsichts- und Organisationsverpflichtungen, die sonst beim Verein lägen: Hier muss mit dem Reiseveranstalter ein (Pauschal-)Reisevertrag abgeschlossen werden, in dem gerade die Frage der Haftung besonders geregelt sein muss. Das gilt für die Aufsichts- und Verkehrssicherungspflicht genauso wie für die Gewährleistung der Unterbringung am Zielort (Sicherstellung, dass das gebuchte Hotel nicht überbelegt ist oder gerade abgerissen wurde!).
Haftung und Versicherung sind begriffliche Zwillinge. Wer die Reise veranstaltet, muss ausreichend versichert sein. Das erwarten die Reiseteilnehmer sowohl vom gewerblichen Reiseveranstalter als auch vom Verein. Ist der Verein nur Reisevermittler, ist seine Verpflichtung, im Vertrag mit dem gewerblichen Reiseveranstalter nicht nur für die ordnungsgemäße Übertragung der Aufsichts-, Verkehrssicherungs- und Organisationspflicht an den Reiseveranstalter zu sorgen, sondern auch dafür, dass dieser ordnungsgemäß und ausreichend versichert ist und dies dem Verein nachweist.
Die Versicherung muss folgende Schadensbereiche umfassen:
- Personenschäden
- Sachschäden (außer Diebstahl)
- Vermögensschäden
Dazu gehört auch, dass die vertraglich vereinbarten und ausgeschriebenen Leistungen auch tatsächlich erbracht werden. Die ausgeschriebenen und im Vertrag genannten Leistungen müssen gewährleistet werden, also das Hotel, die Reservierung der Fähre, die Sicherstellung der Nebenleistungen (Seminarräume) etc. Die Verletzung dieser Pflichten führt dazu, dass die Leistungen nur mangelhaft oder gar nicht erfüllt werden und deshalb die im Reisevertragsrecht geregelten Ansprüche der Reiseteilnehmer ausgelöst werden. Der Reiseveranstalter und der Reisevermittler müssen darum besorgt sein, auch versteckte Organisationspflichten zu ermitteln und zu erfüllen, etwa die Beschaffung von Visa oder ausländischen Zahlungsmitteln. Bei Auslandsreisen ist der ausreichende Impfschutz immer wieder Thema gewesen.
Die Nichteinhaltung dieser Verpflichtungen führt beim Veranstalter (wie gesehen, teilweise auch beim Reisevermittler) zur Haftung für Sachschäden, die bei den Reiseteilnehmern eintreten und deren Ansprüche auslösen. Deshalb muss zuallererst eine ausreichende Haftpflichtversicherung abgeschlossen sein, die diese Schadensereignisse abdeckt.
Häufig ist die Haftpflichtversicherung Bestandteil einer sogenannten Reiseversicherung, die auch andere Schadensbereiche erfasst (Unfallversicherung, Kranken-, Reisegepäck-, Rechtsschutz- und Reiserücktrittsversicherung). Bei Reisen ins Ausland ist darüber hinaus auf die Möglichkeit des Abschlusses einer Auslandsreisekrankenversicherung hinzuweisen. Dies kann insbesondere im Hinblick auf einen schnellen Rücktransport im Krankheitsfalle interessant sein.
Weithin unbekannt ist, dass Vereine auch unter die Geltung des § 651k BGB fallen, also das Erfordernis einer Reiseveranstalter-Insolvenzversicherung. Die Erfahrungen der Vergangenheit haben den Gesetzgeber zu dieser Regelung veranlasst, nachdem am Reisemarkt auch immer wieder unseriöse und vor allem wirtschaftlich nicht leistungsfähige „Reiseunternehmer“ (Einmannbetriebe, teilweise Betrüger) aufgetreten sind, die im Zweifel auch diejenigen waren (oder sind), die viel versprachen, jedoch wenig organisierten und damit hielten, mit der Folge, dass in erheblichem Umfang Schadenersatzansprüche gegen das Reiseunternehmen geltend gemacht wurden, die dann – mangels Masse! – nicht befriedigt werden konnten. Dieses „Unternehmen“ verschwand – bestenfalls via Insolvenz oder Konkurs – vom Markt, und der Reiseteilnehmer blieb oft auf seinen Kosten und Schäden sitzen.
Risiken für den Reiseveranstalter
Oft wurde der Reisepreis vor Antritt der Reise verlangt und bezahlt; die Reise wurde nicht angetreten oder der Reiseveranstalter ging während der Reise pleite, konnte den Rückflug nicht sicherstellen oder die Durchführung von Veranstaltungen am Reiseort. Oft hatten die Reiseteilnehmer erhebliche Zusatzkosten, um wieder nach Hause zu kommen oder die Reise doch noch durchzuführen. Mit all diesen Ansprüchen fielen bzw. fallen sie aus, wenn nicht – seit den 90er Jahren – eine Reiseveranstalter-Insolvenzversicherung abgeschlossen wird. Der Reiseveranstalter – dazu zählen auch Vereine! – ist verpflichtet, eine solche Insolvenzversicherung abzuschließen und jedem Reiseteilnehmer für den bezahlten Reisepreis und die Reiseleistungen einen Sicherungsschein vor Beginn der Reise auszuhändigen, der den Reiseteilnehmer im Schadens- und Insolvenzfall vor dem Ausfall seiner Forderungen schützt. Vor Übergabe des Sicherungsscheins darf der Reisepreis vom Reiseveranstalter nicht entgegengenommen werden.
Wann bin ich befreit?
Eingetragene Vereine sind von der Verpflichtung, eine Reiseveranstalter-Insolvenzversicherung abzuschließen und verfügbar zu halten, unter folgenden Umständen befreit:
- Sie sind als gemeinnützig anerkannt
- und: Sie veranstalten nicht mehr als zwei mehrtägige Reisen pro Jahr für seine Mitglieder
- Im Rahmen der Reiseveranstaltereigenschaft bietet der Verein nicht mehr als zwei Leistungen an
- Der Verein fordert den Reisepreis erst am Ende der Reise, also nach Erbringung der Leistungen an
Wenn all dies gegeben ist, besteht die Pflicht zur Zurverfügungstellung einer Reiseveranstalter-Insolvenzversicherung beim Verein nicht,
Fazit
Und die Moral von der Geschicht? Der Beauftragung eines Reiseunternehmens oder jedenfalls der Zusammenarbeit einem solchen sollte in der Regel der Vorzug vor einer eigenen Reiseveranstaltereigenschaft des Vereins gegeben werden. Der gewerbliche Reiseveranstalter (die richtige Auswahl spielt hier natürlich eine besondere Rolle!) verfügt in der Regel über große Erfahrung und praktische Routine bei der Buchung und der organisatorischen Abwicklung (Checklisten, Vertragsunterlagen etc.), über die der Verein – von Ausnahmen langjähriger eigener Reiseveranstaltertätigkeit abgesehen – nicht verfügen kann.
Aber auch bei Einschaltung eines gewerblichen Reiseveranstalters sollte besondere Sorgfalt auf die Ausschreibung, die genaue Vereinbarung der vertraglichen Leistungen und den Umfang der Verkehrs- und Aufsichtspflicht gelegt werden; bei sorgfältigem Abschluss eines solchen Reisevertrages liegt dann Verantwortung und Haftung beim Reisevertragsveranstalter und der Vorstand kann sich auf die inhaltliche und vor allem musikalische Durchführung der gemeinsamen Reise konzentrieren.
Rechtsanwalt Christian Heieck
Weiherstraße 6, 72213 Altensteig
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Dieser Beitrag gibt die Auffassung, Kenntnisse und Erfahrungen des Autors aus vielen Jahren Vereinsrechtpraxis wieder. Wir bitten dennoch um Verständnis, wenn im Hinblick auf die Vielfalt der individuellen Fallgestaltungen, die im Vereinsrecht vorkommen, eine Haftung für die gegebenen Auskünfte im Hinblick auf konkrete Einzelfälle nicht übernommen werden kann.