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kurz & bündig, SINGEN 2021-10

kurz & bündig

Christian Heieck
22. Oktober 2021

Mal wieder: Einfach – relativ – absolut: Mehrheiten in Vereinsatzung und
Mitgliederversammlung.

In der Kolumne „kurz und bündig“ wurde schon wiederholt thematisiert, mit welchen Mehrheiten Beschlüsse und Wahlergebnisse zustande kommen in einer Mitgliederversammlung. Dazu gibt es in den Satzungen der Vereine modernere und ältere Satzungsregelungen, die in den Mitgliederversammlungen mehr oder weniger beachtet werden. Rechtliche oder gar gerichtliche Auseinandersetzungen darüber sind selten.

 

Nun hat das Kammergericht Berlin (vergleichbar den Oberlandesgerichten in den einzelnen Bundesländern; der Name stammt noch aus der Kaiserzeit) zu diesem Thema Stellung genommen; seine Ausführungen können für die Auslegung der entsprechenden Satzungsregelungen hilfreich sein.

 

Zunächst das BGB enthält eine Regelung zur Beschlussfassung, die gilt, wenn die Satzung keine andere Regelung getroffen hat. § 32 Abs.1, Satz 3 BGB ist nämlich „nachgiebiges Recht“; die Satzung kann also andere Mehrheitsregelungen treffen als das Gesetz, § 40 Satz 1 BGB. § 32 Abs. 1, Satz 3 BGB lautet: „Bei der Beschlussfassung entscheidet die Mehrheit der abgegebenen Stimmen.“ Die frühere Formulierung „Mehrheit der erschienenen Mitglieder“ war im Hinblick darauf, dass auch Enthaltungen abgegebene Stimmen sind, umstritten; die Rechtsprechung, später das BGB nach einer Gesetzesänderung, haben bei der Ermittlung des Abstimmungsergebnisses die Enthaltungen eliminiert und wie nicht abgegebene Stimmen behandelt. Sind also 100 Mitglieder anwesend, von denen 50 mit „Ja“ stimmen, 25 mit „Nein“ und 25 sich der Stimme enthalten, ist der Antrag angenommen. Stimmen 50 mit „Nein“ und 50 mit „Ja“, ist der Antrag abgelehnt.

Viele Satzungen variieren nun die gesetzliche Regelung; im Allgemeinen wird für „normale“ Entscheidungen die einfache Mehrheit ausreichend sein, für besondere Abstimmungsgegenstände wie Satzungsänderungen, Änderung des Vereinszwecks oder Vereinsauflösung – werden sogenannte „qualifizierte“ Mehrheiten gefordert, teilweise in Verbindung mit einem sogenannten „Quorum“. Letzteres bedeutet, dass eine Entscheidung überhaupt nur getroffen werden kann, wenn eine bestimmte, in der Satzung angegebene Zahl von Mitgliedern anwesend ist. Das war in älteren Satzungen die Regel und geht auf den Gedanken zurück, dass wichtige Entscheidungen wie Änderungen der Satzung oder des Vereinszwecks grundlegende Entscheidungen des Vereins sind, die man nicht der zufälligen Zahl der anwesenden Vereinsmitglieder zur Entscheidung überlassen will. Das Quorum konnte – und kann – aber auch Blockadewirkung für den Verein haben, wenn die Anwesenheit der für die Beschlussfähigkeit notwendigen Vereinsmitglieder nicht zustande kommt. Das ist in Vereinen mit vielen älteren Vereinsmitgliedern gar nicht selten der Fall und führt nicht selten dazu, dass notwendige und sinnvolle Satzungsänderungen nicht beschlossen werden können, weil das Quorum nicht erreicht wird.

 

Moderne Lösungen für die Frage des Quorum

 

Deshalb finden sich in modernen Satzungen keine Quoren mehr; zumindest aber wird geregelt, dass dann, wenn die Beschlussfähigkeit mangels erreichten Quorums nicht gegeben ist, im Anschluss an die Mitgliederversammlung (noch am selben Tag, in sechs Wochen o. ä.) eine weitere Mitgliederversammlung mit identischem Beschlussantragsinhalt einberufen wird, die dann ohne Rücksicht auf die Zahl der anwesenden Mitglieder beschlussfähig ist. Diese Regelung hat sich vor allem in Vereinen durchgesetzt, die auf das Quorum nicht verzichten wollen.

 

Die Regelung der „einfachen Mehrheit“ in der Satzung:

 

Oft wird der Begriff der „einfachen“ Mehrheit im Gegensatz zur „absoluten“ Mehrheit verwendet. Als dritter Begriff spielt noch der der „relativen Mehrheit“ eine Rolle.

 

Das Kammergericht hat nun in seinem Beschluss vom 23. Mai 2020 (22 W 61/19) festgestellt, dass eine einfache Mehrheit, die nach der Satzung notwendig sein soll, dann und nur dann erreicht ist, wenn ein Beschlussantrag oder ein Wahlvorschlag von mehr als der Hälfte der gültigen Stimmen getragen wird. Die gültigen Ja-Stimmen müssen die der gültigen Nein-Stimmen um mindestens eine übertreffen. Dabei werden Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen nicht mitgezählt, so schon BGH 12. Januar 1987, II ZR 152/86.

 

Die eine Stimme, auch „Zünglein an der Waage“ genannt, kann also entscheidend sein. Deshalb steht in manchen Satzungen, dass im Falle der Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden oder Ähnliches entscheidet. Was bedeutet die Entscheidung des Kammergerichts nun für die Mehrheitsbegriffe? Zunächst: Die Entscheidung schafft keine neuen Begriffe oder Auslegungen. Sie stellt nur dar, dass die einfache Mehrheit nichts anderes ist als die absolute Mehrheit. Das heißt: Der unscheinbare Begriff der „einfachen“ Mehrheit bedeutet nichts anderes als das, dass mindestens eine Stimme mehr als alle anderen (gültigen) Stimmen für einen Antrag abgegeben werden müssen.

 

Damit ist auch die Abgrenzung zur „relativen Mehrheit“ gegeben:

 

Diese relative Stimmenmehrheit kann nur eine Rolle spielen, wenn mehr als zwei Vorschläge zur Abstimmung stehen. Ein Beispiel: Über fünf Anträge wird gleichzeitig abgestimmt. Es sind 100 Stimmen abzugeben. Von den gültigen Stimmen fallen auf den ersten Antrag 30 Stimmen, auf den zweiten 25, auf den dritten 10, auf den vierten 8 und auf den fünften 5 Stimmen. Die übrigen Stimmen sind Enthaltungen, die – siehe oben – nicht mitgezählt werden. Hier erhält die Mehrheit der Beschlussantrag, auf den von mehreren die meisten Stimmen entfallen, aber eben nicht die „absolute“ Mehrheit. Das gilt für Beschlüsse übrigens ebenso wie für Wahlen.

 

Wie kam es überhaupt zur Entscheidung des Kammergerichts?

 

Der Vorstand meldete drei neu gewählte stellvertretende Vorsitzende zum Vereinsregister an und teilte im Protokoll die jeweils für diese abgegebenen Ja-Stimmen mit. Auch die Zahl der stimmberechtigten Mitglieder war dem Protokoll zu entnehmen, nicht aber Angaben zu Gegenstimmen oder Enthaltungen. Die Satzung hatte besagt, dass die Mitgliederversammlung ihre Beschlüsse mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen fasse. Es war also dem Protokoll nicht zu entnehmen, ob die Gewählten jeweils mehr als die Hälfte der gültigen, abgegeben Stimmen erhalten hatten. Dafür hätte das Protokoll auch die Zahl der Nein-Stimmen enthalten müssen. Nur so wäre feststellbar gewesen, ob die Gewählten die einfache, besser: die absolute Mehrheit der abgegeben gültigen Stimmen erhalten hatten. Die Wahlen waren somit ungültig und mussten wiederholt werden.

Zum Schluss:

 

Der Vereinsvorstand dieses Vereins wollte die Ungültigkeit der Vorstandswahl „reparieren“ und versuchte, den Begriff der „einfachen Mehrheit“ in der Satzung durch die Auslegung als „relative Mehrheit“ „umzudefinieren“. Zu Recht hat das Amtsgericht diesen Versuch des Vorstandes zurückgewiesen mit dem Hinweis, dass dies nur im Rahmen einer Satzungsänderung möglich sei, die allerdings zuvor von der Mitgliederversammlung beschlossen werden könne.

 

Meine Empfehlung deshalb: Nichts spricht dagegen, in der Satzung statt von der einfachen Mehrheit von der absoluten Mehrheit zu sprechen. Wo die relative Mehrheit gewollt ist, ist sie auch als solche zu bezeichnen. Die qualifizierte Mehrheit gilt überall dort, wo wegen der Bedeutung des Beschlussinhaltes höhere Mehrheiten (2/3, 3/4 o. ä.) für eine Beschlussfassung erforderlich sein sollen.

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