„Hört ihr vom Echo fern ins Land getragen der Sänger Gruß, der Hörner Jubelruf?“
Mit den oben zitierten Worten beginnt ein Männerchorlied Silchers, das wie die im Text erwähnte Säule nur den wenigsten bekannt sein dürfte: das sogenannte Goldbodenlied.
Wenn wir uns hier dennoch mit diesem Lied beschäftigen, hat das zwei Gründe: Zum einen ist das Goldbodenlied eng verbunden mit der Geschichte des Liederkranzes Hohengehren, der im August sein 175-jähriges Jubiläum feiert, zum andern ist es Teil der kommenden Sonderausstellung des Silcher-Museums. Was aber hat es nun mit diesem Lied auf sich?
Im Juli-Heft berichteten wir über das Jahr 1816; dort lasen wir, dass in jenem „Jahr ohne Sommer“ König Wilhelm I. die Regierungsgeschäfte in Württemberg übernahm und zahlreiche Reformen zur Stärkung der Land- und Forstwirtschaft einleitete. Nun erfahren wir: Die von Wilhelm eingeleiteten Maßnahmen waren zwei Jahrzehnte später von Erfolg gekrönt!
Entsprechend groß war denn auch die Dankbarkeit der Bevölkerung gegenüber Wilhelm. Als der Monarch 1841 den 25. Jahrestag seines Regierungsantritts feierte, huldigte man ihm in vielfältiger Weise. In Stuttgart z. B. veranstaltete man einen prächtigen Festzug. Aus allen Oberämtern kamen Bürger, Bauern und Handwerker in die Residenzstadt, um mit opulent geschmückten Festwagen an der Parade mitzuwirken. Natürlich waren auch Musikkapellen und Liederkränze aus allen Landesteilen mit von der Partie.
Außerdem errichtete man 1841 in vielen Orten Württembergs Denkmäler für Wilhelm oder pflanzte Bäume zu seinen Ehren. So auch in Hohengehren. Dort wurde am 30. Oktober auf dem Gemeindeplatz eine Wilhelmslinde gepflanzt. Ein „Singverein“ verschönte das Fest mit Gesang – es ist die erste Erwähnung der Hohengehrener Sängerschaft und heuer der Grund für ihr eigenes Jubiläum.
Im folgenden Jahr errichtete man dann zur Erinnerung an Wilhelm zusätzlich auf der Goldboden genannten Schurwaldhöhe bei Hohengehren ein Denkmal aus Stein. Das Monument war von Mitarbeitern der Forstverwaltung initiiert worden, denn Wilhelm hatte das moderne, auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Forsten kräftig vorangetrieben.
Das Goldbodendenkmal, ein Obelisk aus Sandstein, wurde am Johannistag (24. Juni) 1842 eingeweiht. Natürlich traten die Hohengehrener Sänger auch diesmal wieder auf, nun aber mit einem neuen musikalischen Beitrag: dem Goldbodenlied. Das Werk ist uns nur in einem alten handschriftlichen Vereinsliederbuch überliefert, Silcher selbst hat es nie im Druck veröffentlicht. Aus gutem Grund. Es ist eine typische Gelegenheitsarbeit, für ein konkretes Ereignis angefertigt, mit einem Text, der nur in diesem Zusammenhang verständlich wird. Geschaffen hat die Verse, in denen neben dem König vor allem die Vorzüge der schwäbischen Heimat gepriesen werden, auch kein Lyriker von Rang, sondern ein Gelegenheitsdichter namens Friedrich Graf von Zeppelin. Gedichte auf alle möglichen Anlässe zu schreiben war damals groß in Mode, wie man sieht, sogar in Adelshäusern. Dass Silcher den gräflichen Versen eine Melodie hinzugefügt hat, lag sicher daran, dass er darum gebeten worden war und dass er als Musikdirektor der Universität Tübingen ja selbst ein königlicher Angestellter war.
Außerdem mag Silchers eigene Heimatverbundenheit eine Rolle gespielt haben, denn sein Geburts- und Jugendort Schnait liegt nur wenige Kilometer vom Goldboden entfernt.
Das Goldbodendenkmal steht noch immer an seinem ursprünglichen Platz. Es ist umgeben von prächtigen Baumriesen, die um 1841/42 als kleine Setzlinge in einem Arboretum (einer Baumsammlung) dort gepflanzt worden sind. Wie übersichtlich es damals auf der Anhöhe noch ausgesehen hat, zeigt uns eine Lithographie aus jenen Jahren. Das äußert seltene Bilddokument ist übrigens in diesem Jahr von den Hohengehrener Sängern dem Silcher-Museum gestiftet worden und wird ab dem 25. September in der neuen Sonderausstellung zu sehen sein. Den Stiftern ein herzliches Dankeschön und die besten Glückwünsche zum 175jährigen Jubiläum ihres Vereins!