Im zurückliegenden Jahr konnten wir nicht auf alle Gedenktage und Jubelfeste, die anfielen, aufmerksam machen. Deshalb hier zum Jahresschluss noch eine kleine zusätzliche Auswahl:
500 Jahre Reformation
Schon in jungen Jahren ist er mit seinen Mitschülern als Kurrendesänger von Haus zu Haus gezogen, und der Gesang sollte auch lebenslang seine große Leidenschaft bleiben: Martin Luther. Sein berühmter Thesenanschlag am 31. Oktober 1517 markiert denn auch nicht nur den Beginn einer theologischen Reformation, mit ihm wurde zugleich ein neues Kapitel der Musikgeschichte aufgeschlagen.
Der Reformator, der gern auf der Laute spielte und sich in der Satztechnik auskannte, schuf selbst rund drei Dutzend Lieder und gilt als der Schöpfer des ersten kirchlichen Gemeindegesangbuchs. Für ihn war die Musik eine Gabe Gottes, mit der man „den Teufel vertreibt und die Menschen fröhlich macht“. Im Lied sah er ein ideales Mittel der geistlichen Verkündigung und der Propaganda seiner eigenen Anschauungen. Das Singen ist so zum Markenzeichen der lutherischen Reformation geworden, die Musik bis heute ein fester Bestandteil des evangelischen Gemeindelebens. Ohne Luthers hohe Wertschätzung der Musik hätte es später wohl keinen Bach und keinen Händel, keinen Schütz und keinen Telemann gegeben. Und auch keinen „Musikdirektor“ Silcher! Der aus einer protestantischen Lehrerfamilie stammende Komponist verdankte nämlich sein Amt an der Uni Tübingen der 3. Säkularfeier der Reformation, die dort 1817 veranstaltet wurde. Die Stelle wurde damals anlässlich des Jubelfestes geschaffen und am 3. Oktober an Silcher vergeben. Aus einer nachträglich gedruckten Gedenkschrift zu dieser Tübinger Reformationsfeier erfahren wir übrigens zum ersten Mal etwas über ein Werk des Komponisten. „Eine von dem neuangestellten Musikdirektor der Universität Herrn SILCHER componirte Cantate mit vollständiger Instrumentalbegleitung, … aufgeführt von Studirenden und anderen Honoratioren der Stadt, begrüßte die Versammlung mit dem Chor: Sey uns gesegnet / Bote des Lichtes“, heißt es dort.
50. Todestag von Prof. Hugo Herrmann (1896-1967)
Hugo Herrmann, Bundes-Chormeister des Schwäbischen Sängerbunds (heute Chorverband) von 1952 bis zu seinem Tod am 7. September 1967, war eine der herausragenden musikalischen Begabungen seiner Heimat. Der gebürtige Ravensburger hatte zunächst am Stuttgarter Konservatorium und an der Berliner Musikhochschule Klavier und Orgel sowie die Fächer Komposition und Dirigieren studiert und war dann einige Jahre in Amerika gewesen.
Ab 1925 arbeitete er als Pädagoge, Komponist und Chorleiter in Ludwigsburg, Reutlingen und zuletzt (seit 1935) in Stuttgart. Die Jahre bis 1935 waren für den mit einer besonders „vitalen schöpferischen Kraft“ ausgestatteten Musiker die fruchtbarsten; mit über 90 Werken stellte er sich damals „in die erste Reihe der deutschen Komponisten“.
Herrmann war mit Paul Hindemith befreundet und pflegte ab 1923 Kontakte zum Donaueschinger Kreis. Seinen ersten großen Erfolg hatte er dort 1926 mit seiner „Marienminne, mit der ein neuer Weg für die reine Chormusik gewiesen wurde“. In Herrmanns Werk lobten die Kritiker „stets die Geschlossenheit der Form“ und die „mit höchster Meisterschaft zu neuartiger Klangwirkung geformten Chöre“.
1935, als Herrmann wegen seines Stils zu den „entarteten Künstlern“ gezählt wurde, übernahm er die Leitung der Trossinger Harmonika-Fachschule, die er in den folgenden Jahrzehnten zu einem international bekannten Institut ausbaute. Dem Männergesang aber, mit dem er erstmals 1918 in Berührung gekommen war, blieb er lebenslang als Chorleiter und Komponist eng verbunden. Neben seiner Arbeit als Künstler und Pädagoge widmete er sich dabei mit den Jahren verstärkt organisatorischen Aufgaben.
50. Jahre im Dienst des Gesangs – Staufermedaille für Dieter Aisenbrey
Dieter Aisenbrey, den Mitgliedern des Schwäbischen Chorverbands als ehemaliger stellvertretender Musikdirektor und durch seine beliebten Kurse, Vorträge und Fortbildungsseminare seit langem bekannt, wurde in diesem Jahr vom Ministerpräsidenten des Landes mit der Staufermedaille ausgezeichnet. Diese Ehrung wird Persönlichkeiten verliehen, die sich in besonderer Weise um das Gemeinschaftsleben verdient gemacht haben.
Aisenbrey (Jg. 1940) hat in Stuttgart Musik studiert und viele Jahre am Gymnasium in Esslingen und an der Staatlichen Hochschule für Musik in Stuttgart unterrichtet. Seit 1967, also seit 5 Jahrzehnten, leitet er äußerst erfolgreich den Männergesangverein Kornwestheim, was heuer der äußere Anlass zu seiner Auszeichnung war. Der Geehrte, der übrigens auch ein hervorragender Pianist ist, stand außerdem 12 Jahre lang dem Esslinger Kammerchor vor. Heute engagiert er sich u. a. gesellschaftlich in Initiativen wie „Singen kennt kein Alter“, bei der es um die musikalische Arbeit mit Demenzkranken geht. Der Schwäbische Chorverband und sein Silcher-Museum beglückwünschen den Jubilar herzlich zu seiner Auszeichnung!